Ausstellung PAS DE DEUX

2014-07-26 // 17:00-19:00
 
 
 
 

PAS DE DEUX. Die geplante Zusammenarbeit von Alfred Graf und wurde vor der effektiven Umsetzung durch den Die geplante Zusammenarbeit von Alfred Graf und Ferdinand Penker wurde vor der effektiven Umsetzung durch den unerwarteten Tod Ferdinand Penkers am 2. Juni 2014 jäh unterbrochen. Alfred Graf und Ferdinand Penker überlegten, über ein gemeinsam entwickeltes Konzept einen visuellen Bezug auf ihre Gestaltungsschritte herzustellen. Ihre malerische Umsetzung und performative Objektgestaltung sollte gleichsam in diesem Tanz zu zweit sowohl ihren Bezug zum Ausstellungsort als auch ihre persönlichen Sichten und Wahrnehmungen auch ihrer eigenen Existenz in der umgebenden Mitwelt erkunden und zur Darstellung bringen. Die feinsinnige Präzision in den Arbeiten Ferdinand Penkers korreliert mit der Sensibilität der Arbeiten von Alfred Graf: Eine Schule der Aufmerksamkeit für unsere Augen und ein Spiel der Gedanken in unserem Kopf. Ein Bewusstwerden und fröhliches Erkennen, um gewappnet den Schritt in den nächsten Tag zu setzen!

Mit Ferdinand Penker (26.7. - 10.9. 2014) haben wir nicht nur einen international hervorragenden Künstler sondern auch einen langjährigen Freund und kulturellen Wegbegleiter verloren. Er war ein besonderer, herausragender, höflicher, verständiger, mitfühlender, aufrechter und aufrichtiger Mensch, der sein Leben im Aufspüren von Wundern und Weisheit verbracht hat und diese seine Entdeckungen in seine Arbeit eingebaut und uns allen über sein Wirken und sein Werk vermittelt.

Zu sehen sind seine Arbeit STATT GRAS 2004, entwickelt für kunstGarten - damals im Gras der Bühne  eingelassen, ein Teil seiner grünen Wand (5 Bilder) aus dem Entrée seines langjährigen liebevoll und mit ungeheuerlichem Aufwand gestalteten Domizils in Tobis, das er als Ruine voller Schutt gepachtet und nun restauriert, bewohnbar den Besitzern, die ihm den Aufenthalt dort in den letzten Jahren mehr als verleidet haben, hinterlässt.

Alfred Grafs Arbeit „Rhein, Donau, Soča/Isonzo und andere Flüsse besuchen die Mur in Graz" gibt in einer Serie von Sedimentblöcken Hinweise auf die Differenz der unterschiedlichen Fluss-Sedimente einerseits, andererseits aber weist er aber auch auf das Wirken des Wassers hin: das Wegschwemmen, das Ablagern, das Übereinanderschichten, das Ausspülen und Untergraben.

Im übertragenen Sinn könnten die BetrachterInnen sich da verschiedene Aspekte soziologischer, politischer und kultureller Strömungen ins Bewusstsein rufen und diesen Kunstgriff als Verdeutlichung des Zusammenspiels von Bewegung und Bewegtheit in Natur und Kultur erkennen.

Er schreibt: „Flussufer sind somit ein bevorzugtes Beobachtungsfeld. Abläufen in der Natur nachzuspüren und diese im Entstehungsprozess der Sedimentblöcke intensiver kennen zu lernen, gilt ein besonderes Bemühen. Der Idee die Aufmerksamkeit auf subtile Unterschiede zu richten entspricht das Bestreben die Installation fast unsichtbar im Ambiente des kunstGartens zu integrieren. Das Herauslesen feiner Abweichungen wird zur Aufgabe von Interessierten."

Alfred Graf wurde 1958 in Feldkirch geboren und  studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und und lebt mit seiner Familie in Wien.

Seit Jahren faszinieren ihn Sedimente und Gesteinsformationen von Landschaften in allen Teilen der Welt, deren Charakter er als Essenz der Landschaft seinen Bildern einverleibt. Er erhielt Preise und Stipendien und seine Studienaufenthalte führten ihn nach Rom, Glasgow, Israel, Prag, Pirgi, Paliano, Kentucky, Sylt und Cobh/Irland .Seit der Ausstellung von Roger Ackling 2008 im kunstGarten war er mit Ferdinand Penker freundschaftlich verbunden.

Irmi Horn

Das Universalmuseum Joanneum schreibt:

Trauer um Ferdinand Penker (1950 - 2014)

Mit tiefer Betroffenheit nehmen wir den überraschenden Tod von Ferdinand Penker zur Kenntnis!

Nach Studien der Kunstgeschichte und Medizin schlug Penker Ende der 1960er-Jahre den Weg als bildender Künstler ein. In der Auseinandersetzung mit internationalen Kunstströmungen wie dem Konstruktivismus, der Konkreten Kunst und der Minimal Art, in deren Zuge er u. a. bei Josef Albers in New York studierte, schuf Penker ein umfangreiches Œuvre, mit welchem er zu den bedeutendsten österreichischen Vertretern einer analytisch-konzeptuellen Malerei in einem intensiven architekturtheoretischen Kontext zählt. Damit war Penker auch einer der wenigen Künstler in Österreich, welche mit ihrer Kunst ein Gegengewicht zu der hier fest verankerten gestisch-abstrakten Malerei bildeten. In den frühen 1970er-Jahren begann auch seine Beschäftigung mit dem Film, die sich in den folgenden Jahrzehnten intensivierte, für Penker immer - jedoch mit Bezug auf seine Malerei - eine Erweiterung seiner visuellen Ausdrucksmöglichkeiten bedeutete.

Ab 1977 lebte Penker zehn Jahre lang in Kalifornien. In dieser Zeit beschäftigte sich Penker intensiv mit Druckgrafik, eine Technik, in welcher er eine unübertroffene Meisterschaft entwickelte. Von 1980 bis 1986 war Penker Professor am Art Department an der University of California in Davis. 1986 und 2008 verzeichnete er jeweils längere Aufenthalte in Japan. Nach der Rückkehr nach Österreich lebten er und seine Gattin in der Nähe von Graz.

Penker war ein hochgradig intellektueller, kritischer Beobachter der zeitgenössischen Kunst, ein wertvoller Gesprächspartner, welcher seine Leidenschaft für die Kunst mit ausgeprägtem Wissen und Sachverstand zu verbinden wusste und regen Anteil am Kunstgeschehen in seiner Heimat nahm. Seit 2003 gehörte er dem Kuratorium des Universalmuseums Joanneums an und hat die mit diesem Ehrenamt verbundene Verpflichtung, für das Joanneum Sorge zu tragen, mit großer Gewissenhaftigkeit und ausgeprägtem Verantwortungsbewusstsein erfüllt. 

 

 

Markus Waitschacher: GEDANKEN ZUR AUSSTELLUNG PAS DE DEUX

„Was bleiben soll, ist immer fort.

Es ist jedenfalls nicht da."

So beendete Elfriede Jelinek ihre Rede Im Abseits anläßlich der Verleihung des Nobelpreises für Literatur 2004.[1]

Flüchtigkeiten, Permanenzen und Abwesenheiten prägen eine gemeinsame Ausstellung von Ferdinand Penker und Alfred Graf.

Ebenfalls 2004 intervenierte Penker im kunstGarten mit Statt Gras, einem 2.80 m mal 0.60 m großen, rechteckigen Rasenstück, welches ausgehoben und durch ein grünes, Objekt wellenförmiger Oberfläche ersetzt wurde. Ein künstliches Kunststück wurde in den Rasen eingebettet, gleichzeitig die Natur bejahend, die Kunst darin implementierend. Der künstlerische Eingriff blieb dem Ort in sich verändernder Permanenz erhalten. Auch wenn der Garten verschiedene Veränderungen durchlief und Penkers materieller Eingriff den Ort verlassen hatte, so blieb eine gedankliche Grundhaltung über die Jahre bestehen. Kaum wahrnehmbare, doch eindeutige Umrisslinien bezeichneten den Boden, legten sich bald in verschiedene Kontexte, deuteten bald Rahmungen für Verschiedenstes an.

Nach der realen Abwesenheit des Künstlers 2014 und zehn Jahren kunstGarten kehrt Penkers materielle Diskursanalyse an ihren Ursprungsort zurück. Dort verhandelt sie von Neuem räumliche, implizit gesellschaftliche Flüchtigkeiten. Sie setzt sich fest an einen, ihr vorbestimmten, bereits besetzten Ort, fügt sich ein, reibt gleichzeitig auf. Ihre Oberfläche verführt mit hellem Grün zur sanften Berührung - Grün, dass sich durch Penkers Oeuvre mäandert. Jerome Rothenberg dichtet in Anlehnung an Octavio Paz:

Green is also / a color / like flesh / stung by thorns / my body / or yours / sparks a rage / like a drumbeat / violent / mineral / white (...)

Green would be better / a slim defile / through which we pass / an archipelago / the shadow of a syllable / a white reflection[2]

„Grün ist auch eine Farbe wie Fleisch / Haut" - Penkers Grün u. a. manifestierte sich bald installativ im Raum, überspannte Wände und Böden, eroberte sich Architektur. Statt Gras (2004 / 2014) scheint seine Entwurzelung stumm zu verhandeln, diskutiert mit dem Publikum ein Wechselspiel zwischen An- und Abwesenheit. Der Künstler diskutiert in absentia mit.

Flüchtigkeiten und Permanenzen ziehen sich mannigfaltig durch Alfred Grafs Kunstwelt. So entstehen eindrückliche und eigenwillige Portraits einer ihn umgebenden Welt. Eine Welt, die als „Welt Stück für Stück"[3] erschlossen wird. Schicht für Schicht nähert sich Graf einem „Moment, dem Fundament." (Octavio Paz)

Seine Kunst wird gerade das, was Rothenberg andeutet: „eine schmale Klamm, ein Archipel" - eine Inselgruppe, die aus dem Wasser ragt, mehr andeutet, als tatsächlich offenbart. Graf hält das Flüchtige seiner erforschten Landschaften fest, schöpft Tantalos gleich ins Wasser, um das zerfließende Element zu bannen. Er geht der Sache auf den Grund, schichtet bedächtig Sediment um Sediment - durch die ursprüngliche Materialität erfahren seine Objekte und Bilder eine Unmittelbarkeit der abwesenden Landschaft. Als pars pro toto eröffnen seinen Miniaturwelten Erinnerungen an Erlebtes, Imaginationen und Projektionen.

 

Paul Celan beschreibt in seinem Gedicht Bretonischer Strand die emotionale Aufgeladenheit einer scheinbar beiläufigen Landschaft:

Versammelt ist, was wir sahen / zum Abschied von dir und von mir: / das Meer, das uns Nächte an Land warf, / der Sand, der sie mit uns durchflogen, / das rostrote Heidekraut droben, / darin die Welt uns geschah.[4]

Die Landschaft wird durch den Menschen definiert, für den Moment konstruiert oder im Nachhinein rekonstruiert. Seit sich der Mensch die Natur zu eigen machte, ist sie einem Wechselspiel aus ihrem Schutz und ihrer beständigen Bedrohung ausgesetzt. Grafs Kunstprojekte sind Momentaufnahmen, Gefrierschnitte einer sich unaufhörlich verändernden Umwelt.

Abschließend wiederum mit Octavio Paz.

Ferdinand Penker und Alfred Graf teilen ihr Erinnern und Vergessen mit uns ...

(...)Die Zeit - geteiltes Rasen - die Zeit - geteiltes Vergessen - endlich verwandelt
in die Erinnerung und ihre Inkarnationen ...[5]

Markus Waitschacher, Juli 2014


[1] http://www.elfriedejelinek.com (Juli 2014)

[2] http://poemsandpoetics.blogspot.co.at (Juli 2014)

[3] http://www.alfredgraf.com (Juli 2014)

[4] Paul Celan: Die Hand voller Stunden. DTV. 1999

[5] Octavio Paz: Das fünfarmige Delta. Suhrkamp. 2000

 


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